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Machtspiele im Büro: Für Frauen in Führungspositionen besonders herausfordernd

Machtspiele im Büro sind ein universelles Phänomen und gehören zu den größten Hindernissen für ein harmonisches und produktives Arbeitsumfeld. Sie entstehen oft aus unausgesprochenen Konflikten, hierarchischen Dynamiken und individuellen Ambitionen. Besonders Frauen in Führungspositionen sehen sich in solchen Situationen häufig vor zusätzliche Herausforderungen gestellt. Sie müssen nicht nur erhöhte berufliche Erwartungen erfüllen, sondern auch mit gesellschaftlichen Stereotypen und subtilen Vorurteilen umgehen. Das Dramadreieck aus der Transaktionsanalyse bietet eine effektive Methode, um die Dynamik solcher Konflikte zu analysieren und aufzulösen.

 

Das Dramadreieck: Ein Modell für zwischenmenschliche Konflikte

Das Dramadreieck wurde vom Psychologen Stephen Karpman entwickelt. Es beschreibt, wie Menschen in Konflikten unbewusst in drei typische Rollen schlüpfen: den Verfolger, das Opfer und den Retter.

  1. Verfolger: Kritisiert, kontrolliert oder weist die Schuld zu, oft mit harschen Worten oder durch passiv-aggressives Verhalten.
  2. Opfer: Sieht sich selbst als machtlos, ungerecht behandelt oder hilflos und fühlt sich überfordert von der Situation.
  3. Retter: Mischt sich ein, oft mit der Absicht zu helfen, aber in einer Weise, die das Opfer weiter entmachtet und den Konflikt aufrechterhält.

Diese Rollen sind nicht starr; häufig wechseln die Beteiligten im Laufe eines Konflikts ihre Positionen, was die Dynamik verschärft. Zum Beispiel könnte jemand, der als Retter beginnt, schnell zum Opfer werden, wenn seine Hilfe nicht anerkannt wird.

 

Machtspiele im Büro: Wie das Dramadreieck zur Anwendung kommt

Im Büroalltag zeigt sich das Dramadreieck auf vielfältige Weise. Ein Mitarbeitender könnte sich übergangen fühlen (Opfer), die Entscheidung einer Führungskraft in Frage stellen (Verfolger) und schließlich Unterstützung von Kollegen suchen, die als Retter fungieren. Diese Dynamik wird oft durch unklare Kommunikation oder unausgesprochene Erwartungen verstärkt.
Besonders Frauen in Führungspositionen müssen häufig in einem Spannungsfeld zwischen Rollenklischees und stereotypen Erwartungshaltungen agieren. Einerseits wird von ihnen erwartet, durchsetzungsstark und autoritär zu sein, andererseits sollen sie empathisch und zugänglich bleiben. Diese widersprüchlichen Anforderungen machen es leicht, in das Dramadreieck gezogen zu werden:

  • Verfolgerrolle: Eine Frau in der Führung wird schnell als zu streng oder autoritär wahrgenommen, wenn sie klare Entscheidungen trifft. Dies kann dazu führen, dass Mitarbeitende sie als Verfolgerin etikettieren.
  • Opferrolle: Wenn ihre Kompetenz oder Autorität öffentlich in Frage gestellt wird, kann eine Führungskraft in die Opferrolle gedrängt werden, was ihren Führungsanspruch schwächt.
  • Retterrolle: Manche Mitarbeitenden erwarten von ihren Führungskräften, dass sie Aufgaben für sie erledigen, von denen sie sich überfordert fühlen. Statt den Mitarbeitenden zu unterstützen, an der Aufgabe zu wachsen, wird die Führungskraft so in die Retterrolle gedrängt.

 

Frauen in Führungspositionen: Spezifische Herausforderungen

Frauen in Führungspositionen kämpfen oft gegen gesellschaftliche Normen und Wahrnehmungen, die die Dynamiken des Dramadreiecks verstärken können. Frauen werden häufiger als Männer mit subtilen Formen der Diskriminierung oder des Mikromanagements konfrontiert. Diese Herausforderungen wirken sich direkt auf ihre Position in Konfliktsituationen aus:

  1. Doppelstandards: Frauen wird oft weniger Entscheidungsfreiheit zugestanden. Während Durchsetzungsvermögen bei Männern als Stärke gilt, wird es bei Frauen leicht als aggressiv oder unangemessen empfunden.
  2. Gläserne Decke: Frauen müssen oft mehr leisten, um gleiche Anerkennung zu erhalten. Dieses Ungleichgewicht kann Machtspiele verschärfen, da weibliche Führungskräfte häufiger in Frage gestellt werden.
  3. Fehlende Netzwerke: Viele Frauen in der Führung haben keinen direkten Zugang zu informellen Machtstrukturen im Unternehmen. Dies kann dazu führen, dass Frauen in Führungspositionen isoliert sind und sich stärker rechtfertigen müssen.

 

Aus dem Dramadreieck aussteigen

Um Machtspiele zu entschärfen und das Dramadreieck aufzulösen, ist es wichtig, die Dynamik zu verstehen und gezielt dagegen zu steuern. Dabei kann man auf verschiedene Strategien zurückgreifen. Der Fokus liegt dabei auf einem integrativen Führungsstil, der Kommunikation, Empathie und klare Strukturen fördert.

  1. Rollen erkennen und benennen: Der erste Schritt, um das Dramadreieck aufzulösen, besteht darin, die Rollen zu erkennen. Man sollte sich bewusst machen, wenn man selbst oder andere in eine der Rollen fallen. Beispielsweise kann eine Führungskraft, die sich ständig verantwortlich für das Wohlbefinden ihres Teams fühlt, leicht in die Retterrolle rutschen. Indem sie dies erkennt, kann sie gezielt andere Strategien einsetzen.
  2. Klare Kommunikation: Machtspiele gedeihen oft in einem Klima der Unsicherheit und Unklarheit. Klare Kommunikation hilft, Missverständnisse zu vermeiden und Erwartungen transparent zu machen. Ein Beispiel: Eine Führungskraft, die Feedback gibt, sollte dies klar und konstruktiv tun, um nicht als Verfolger wahrgenommen zu werden. Gleichzeitig sollte sie darauf achten, dass Feedback an sie selbst respektvoll und lösungsorientiert bleibt.
  3. Empowerment statt Kontrolle: Anstatt Probleme für andere zu lösen (Retterrolle), können Führungskräfte ihre Teams empowern. Das bedeutet, Mitarbeitende dabei zu unterstützen, eigenverantwortlich Lösungen zu finden. Dies fördert nicht nur die Eigenständigkeit des Teams, sondern verhindert auch, dass sich die Führungskraft in ungesunde Machtspiele verwickeln lässt.
  4. Grenzen setzen: Besonders die Retterrolle führt dazu, dass Führungskräfte ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen. Klare Grenzen und Delegation von Verantwortung sind entscheidend, um Überlastung zu vermeiden und das Team zur Eigenverantwortung zu motivieren.

 

Praktische Tipps für den Umgang mit Machtspielen

Folgende Strategien können helfen, mit Machtspielen souverän umzugehen.

Bewusstsein entwickeln

Selbstreflexion ist entscheidend. Man sollte sich regelmäßig fragen: Welche Rolle nehme ich in Konfliktsituationen ein? Wo könnte ich mich anders verhalten?

Verbündete suchen

Netzwerke sind ein wichtiger Faktor, um Machtspiele zu entschärfen. Männer und Frauen in der Führung sollten sich aktiv mit anderen Führungskräften austauschen, um Unterstützung und Perspektiven zu gewinnen.

Resilienz stärken

Emotionale Belastbarkeit hilft, sich nicht in destruktive Dynamiken hineinziehen zu lassen. Resilienz kann durch Mentoring, Coaching – insbesondere durch Introvision Coaching – und Achtsamkeitstraining gestärkt werden.

Machtspiele ansprechen

Offenheit ist ein Schlüssel, um Konflikte zu lösen. Eine Führungskraft, die Machtspiele anspricht, zeigt nicht nur Mut, sondern fördert auch eine Kultur der Transparenz.

 

Langfristige Veränderungen: Eine neue Führungskultur schaffen

Ein entscheidender Aspekt, um das Dramadreieck zu durchbrechen, ist die Etablierung einer Führungskultur des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit. Dabei geht es um einen Führungsstil, der Empathie, Kommunikation und Teamarbeit in den Mittelpunkt stellt.

  • Inklusive Strukturen fördern: Eine diverse Führungsetage reduziert die Wahrscheinlichkeit von Machtspielen, da unterschiedliche Perspektiven und Ansätze eingebracht werden.
  • Mentoring und Netzwerke: Der Aufbau von Netzwerken und Mentoring-Programmen unterstützt nicht nur Frauen in Führungspositionen, sondern hilft auch, informelle Machtstrukturen aufzubrechen.
  • Vorbildfunktion: Führungskräfte, die selbstbewusst und authentisch führen, können Vorbilder sein und die Unternehmenskultur nachhaltig verändern.

 

Machtspiele im Büro sind ein ständiges Risiko für Führungskräfte. Frauen in Führungspositionen sehen sich hierbei oft mit zusätzlichen Herausforderungen konfrontiert, da gesellschaftliche Stereotypen und geschlechtsspezifische Barrieren hinzukommen. Das Dramadreieck von Stephen Karpman ist ein wertvolles Werkzeug, um diese Dynamiken zu verstehen und aktiv zu entschärfen.

Indem Führungskräfte klare Kommunikation, Empowerment und Selbstreflexion nutzen, können sie nicht nur ihre eigene Position stärken, sondern auch eine Unternehmenskultur fördern, die auf Vertrauen und Zusammenarbeit basiert. Die Etablierung einer Führungskultur des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit ist ein wesentlicher Schlüssel, um das Dramadreieck zu durchbrechen und eine neue Art der Führung zu etablieren, die Konflikte minimiert und das Potenzial aller Mitarbeitenden fördert.

Zur weiteren Vertiefung des Themas empfehle ich den Artikel „Impulse zum Umgang mit Machtspielen in Organisationen“.